Onlinebeitrag

Hier sprühen die Funken!

Beim Thema Forschung und Entwicklung setzt die UNITED GRINDING Group auf den regelmäßigen Austausch mit Mitarbeitenden und externen Forschungseinrichtungen.

ES WAR IRGENDWO AUF DER OSTSEE, als Thomas Engelfried auf der Brücke seines Segelboots auf das Radardisplay schaute und sich fragte: Warum sollte das nicht auch für Werkzeugmaschinen gut sein? „Radarwellen können durch Flüssigkeiten dringen, egal ob Regenwolke oder Kühlschmiermittel. Damit muss es doch möglich sein, auch während der Bearbeitung ein exaktes Vermessen der Schleifscheibe im Mikrometerbereich zu ermöglichen“, erklärt er. Bislang wird nur taktiles Messen in den Bearbeitungspausen angewandt, was zu deutlich höheren Nebenzeiten führt. Und weil Engelfried bei WALTER die Abteilung „Versuch und Systemerprobung“ leitet, schrieb er gleich ein erstes Konzept zur technischen Umsetzung und besprach das Vorhaben mit seinen Kolleginnen und Kollegen von der UNITED GRINDING Group – und zwar bei genau so einem Treffen, wie es an diesem Tag bei STUDER im schweizerischen Thun stattfindet.
Denn das Team „Technology & Applications“ ist eine Gruppe aus Mitarbeitenden aller Unternehmen der UNITED GRINDING Group aus den Bereichen Forschung, Entwicklung, Versuch und Technologie. Sein Zweck ist es, die gemeinsame Kompetenz zum Vorteil der Kundschaft zu bündeln. Die Treffen finden zweimal pro Jahr abwechselnd an verschiedenen Standorten von UNITED GRINDING statt, und heute sind 19 Fachleute zu STUDER nach Thun gereist, um sich über die neuesten Technologien und Projekte auszutauschen.
„Die Entwicklung neuer Technologien und Verfahren ist für unseren Erfolg und den der Kunden außerordentlich wichtig“, sagt Frank Fiebelkorn, Leiter „Forschung und Technologie“ bei STUDER. Er hat diese Treffen initiiert und moderiert sie auch. Gerade führt er seinen Kollegen Engelfried und Christian Josi, Head of Digital Engineering bei UNITED GRINDING, durch das hauseigene TechCenter – ein ganzes Stockwerk voller Maschinen und Anlagen für die Erprobung und Entwicklung innovativer Produkte und Schleifapplikationen.

« DIE BESTEN IDEEN ENTSTEHEN OFT IN DEN PAUSEN  »
Thomas Engelfried

Dank C.O.R.E. arbeiten auch Maschinen im Team

Maschinen mit C.O.R.E. verfügen über ein modernstes Touchdisplay und kommunizieren dank
umati auch mit Drittanlagen

Die drei halten an einer Maschine mit einem C.O.R.E.-Panel, das große Touchdisplay erinnert an ein futuristisches Smartphone – die neue markenübergreifende Hardund Softwarearchitektur von UNITED GRINDING ist auf immer mehr Maschinen vorinstalliert. „Mit seiner intuitiven Bedienung, smarten Vernetzung, Prozessvisualisierung und mit digitalen Assistenzsystemen revolutioniert C.O.R.E. den Umgang mit Schleifmaschinen“,  erklärt Josi. Auch diese Technologie konnte nur durch den Austausch von Kompetenz und Ideen entstehen („Motion“ berichtete ausführlich in den Ausgaben 1/2021 und 1/2022).
Josi leitet das Team, das für das Kommunikationsprotokoll umati (Universal Machine Technology Interface) verantwortlich ist, eine Initiative des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW). Damit kann C.O.R.E. sogar mit Maschinen von anderen Herstellungsunternehmen kommunizieren. „Man stelle sich nur vor, Menschen würden einfach ihre Arbeit tun, ohne sich mitzuteilen und voneinander zu lernen. So kann kein Team nachhaltig funktionieren! Bei Maschinen muss das genauso sein“, erklärt er. Es sei daher in solchen Fällen wichtig, dass sich Herstellungsunternehmen trotz des Wettbewerbs aktiv bei der Entwicklung, Standardisierung und Normierung einbringen, um die Branche insgesamt voranzubringen. „Im Fokus steht für uns immer der Kunde – denn ihn wollen wir noch erfolgreicher machen und ihm nachhaltige und investitionssichere Lösungen anbieten“, erläutert Josi. Aber nicht nur innerhalb der Unternehmensgruppe ist der kreative und fachliche Austausch wichtig. Auch durch die engen Verbindungen zu Branchenverbänden, Bildungseinrichtungen und Forschungsinstituten ist UNITED GRINDING immer ganz nah dran an den neuesten Entwicklungen und Innovationen. Zum Beispiel führte Engelfrieds Idee für den Radarsensor über eine Ausschreibung des VDW zu einem von ihm geleiteten Forschungsprojekt mit der TU Braunschweig und dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik. „Nach zweieinhalb Jahren ist die Funktionalität des Radarsensors für diesen Anwendungsfall nun nachgewiesen“, sagt er.

« DANK UMATI UND C.O.R.E. KÖNNEN AUCH SCHLEIF- UND WERKZEUGMASCHINEN IM TEAM ARBEITEN »
Christian Josi

Kooperation dient der Kundschaft

Auch das Abrichtverfahren WireDress® von STUDER ist eine Innovation, die im TechCenter entwickelt wurde

Dass die Kooperation zwischen Industrie und Forschungseinrichtungen am Ende direkt der Kundschaft zugutekommt, betont auch Fiebelkorn, der beim VDW Vorsitzender des „Arbeitskreises Schleiftechnik“ ist. „Nur deshalb können wir in der gesamten Branche immer wieder Maßstäbe bei Technologie, Qualität und Präzision setzen.“ Etwa mit dem STUDER-Abrichtverfahren WireDress® für metallgebundene CBN- und Diamantschleifscheiben, das besonders gut für Anwendungen in der E-Mobilität geeignet ist. Dieses Verfahren ist so gut, dass es inzwischen auch von anderen in der Branche nachgeahmt wird. Aber durch die hauseigene Entwicklung hat die UNITED GRINDING Group einen zeitlichen Vorsprung, und es gibt inzwischen schon die neueste Generation. Aktuell läuft zudem ein gemeinsames Projekt zwischen STUDER und dem Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen zur Entwicklung eines neuen Assistenzsystems, das Bedienenden dank modernster Sensorik realistische Prognosen zum Prozess und zur Bauteilqualität geben kann. Und auch der Röntgenmesskopf an der S41 zur richtigen Ausrichtung von Siliziumkristallen für die Wafer-Herstellung in der Chipproduktion ist das Ergebnis von Entwicklungen mit Kooperationspartnerschaften. „Damit leistet STUDER einen wichtigen Beitrag bei der Herstellung von Computerchips, weil unsere Rundschleifmaschine dank des Röntgensensors Silizium- oder Siliziumkarbid-Rohlinge anhand ihrer internen Kristallstruktur korrekt für die weitere Bearbeitung ausrichten kann“, sagt Fiebelkorn.

« SPEZIFISCHE ANWENDUNGEN KÖNNEN ENTWICKLUNGEN FÜR DIE GANZE BRANCHE ANSTOSSEN »
Arne Hoffmann

Laser Contour Check entstand im Team

Diese Philosophie der Kooperation hat auch zu jenem innovativen Messverfahren von WALTER geführt, das in der gesamten Branche neue Maßstäbe setzt: Laser Contour Check. Das ist ein direkt in die Werkzeugschleif- und -erodiermaschine integriertes, intelligentes Lasersystem zur hochgenauen, berührungslosen Messung von Konturen an zylindrischen Schneidwerkzeugen. Bisherige vergleichbare Systeme haben nur punktuell gearbeitet und konnten nicht die gesamte Kontur einer Schneide abscannen. Die WALTER-Technologie mit dem exakteren blauen Laserlicht ist präzise und wegen dessen Wellenlänge deutlich unempfindlicher gegen Kühlschmierstoff-Rückstände auf der Werkzeugoberfläche. Die gesamte gemessene Werkzeugkontur könne so automatisch im Prozess korrigiert werden, erklärt Engelfried und legt besonders auf einen Aspekt viel Wert: „Alleine geht so eine hochinnovative Entwicklung nicht.“ Häufig entscheide sich auch erst bei einem Treffen wie an diesem Tag, für welches Unternehmen der UNITED GRINDING Group eine neue Technologie optimal geeignet ist. Laser Contour Check begann zum Beispiel zunächst bei STUDER, wurde bei WALTER weiterentwickelt und ist nun in dessen Maschinen im Einsatz. „Die besten Ideen entstehen übrigens oft in den Pausengesprächen solcher Treffen wie heute“, lacht Thomas Engelfried.

Spagat aus Grundlagenforschung und Anwendung

Die drei Kollegen beenden jetzt ihren Rundgang im TechCenter und kehren zurück in den großen Konferenzraum. Sie freuen sich nun auf den Vortrag ihres Kollegen Arne Hoffmann, der bei BLOHM JUNG den Bereich „Projektierung und Technologie“ leitet. Sein Bild erscheint groß an der Wand, da er per Live-Videoschaltung teilnimmt. Hoffmann berichtet unter anderem von dem Spagat aus Grundlagenforschung und Anwendungsentwicklung, der bei seiner täglichen Arbeit oft nötig ist, um maßgeschneiderte Anlagen für die Kundschaft zu bauen. Gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien (IWT) an der Universität Bremen plant BLOHM JUNG gerade ein Projekt mit einem Algorithmus, der Schleifbrand anhand von in der Maschine bereits vorhandenen Sensordaten voraussagen kann. Ein anderes Projekt mit dem WZL der RWTH Aachen soll anhand von Sensoren zur Vorhersage des richtigen Abricht-Zeitpunkts für Schleifscheiben führen.
„Im besten Falle gibt es einen Multiplikatoreffekt, bei dem eine spezifische Entwicklung später die Industrie insgesamt weiterbringen kann“, erklärt Hoffmann. Gerade im Bereich der Elektromobilität und der Straffung von Lieferketten sieht er durch die neuen Anforderungen große Chancen für Herstellende von Schleif- und Werkzeugmaschinen.

« DIE KOOPERATION ZWISCHEN INDUSTRIE UND FORSCHUNGSEINRICHTUNGEN KOMMT DIREKT DER KUNDSCHAFT ZUGUTE »
Frank Fiebelkorn

Neue Ideen im Gepäck

Nach Hoffmanns Präsentation sprechen alle wieder ungezwungen in einer Pause, tauschen Gedanken aus, und es bilden sich kleine Grüppchen zu unterschiedlichen Themenfacetten. Am Ende verabschiedet „Hausherr“ Frank Fiebelkorn alle Teilnehmenden und wünscht eine gute Heimreise in ihre Unternehmen. Mit im Gepäck sind nun zahlreiche neue Ideen für innovative und verbesserte Schleiftechnologien der Zukunft, von denen alle Kundinnen und Kunden der UNITED GRINDING Group profitieren werden.

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